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Produktivität

Welche Persönlichkeit legen Sie beim Zeitmanagement an den Tag?

Lesedauer:  5 Minuten

Erfolgreiches Zeitmanagement muss sich nach Ihren persönlichen Stärken richten. Sind Sie ein Actionheld, eine Diva, ein Arbeitstier, ein Jasager oder ein Perfektionist? Matthew Jenkin berichtet

 

Von Coaches bis hin zu Apps gibt es zahllose Produkte und Dienstleistungen, mit denen Sie angeblich Ihre Arbeit besser bewältigen und Ihre Produktivität steigern können. Aber während Lucy aus der Marketingabteilung scheinbar mühelos durch den Tag kommt und eine Aufgabe nach der anderen abfertigt, haben Sie um 17 Uhr kaum die Hälfte Ihrer To-do-Liste abgearbeitet. Wie ist das zu erklären? Ganz einfach: Bei effektivem Zeitmanagement kommt es nicht auf die Arbeitsstunden an, sondern auf unsere Persönlichkeit.

Arbeitgebern ist schon seit Langem bewusst, dass es keinen allgemeingültigen Ansatz gibt. Auch deswegen sind Persönlichkeitstests wie der Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI)(1) mittlerweile eine bei Unternehmen gängige Methode zur Beurteilung von Mitarbeitern. Der Erfolg des MBTI liegt nach Aussage vieler Experten in seiner Einfachheit begründet. Mit 93 Fragen, die frei aus den Arbeiten von Carl Gustav Jung übernommen wurden, unterteilt der Test alle Mitarbeiter in 16 unterschiedliche und kombinierbare Typen: Introvertierte, Extrovertierte, Denker, Fühlende, Urteilende und Wahrnehmer.

Die Managementberaterin und Verhaltensexpertin Beverly Flaxington bestätigt, dass für den Erfolg einer Zeitmanagementmethode die individuellen Verhaltensweisen der Mitarbeiter am Arbeitsplatz berücksichtigt werden müssen.

„Vor Jahren habe ich jemanden damit beauftragt, mir beim Entrümpeln meines Büros zu helfen, damit ich effizienter arbeiten konnte. Am Ende verschwand alles in Kisten“, erinnert sie sich. „Nun bin ich jemand, der die Dinge vor Augen haben muss. Ich konnte also kaum arbeiten. Da wurde mir langsam klar, dass man sich immer nach dem persönlichen Stil einer Person richten muss.“

Im Folgenden stellen wir die fünf häufigsten Persönlichkeitstypen vor und erklären, wie jeder Typ sein Verhalten steuern und somit sein Zeitmanagement verbessern kann.

1. Der Actionheld

Wenn diese Person ein brennendes Gebäude sieht, stürmt sie wie Wonder Woman oder Superman ohne zu Zögern hinein, ohne auf die Feuerwehr zu warten. Eine mutmaßlich unschaffbare Liste an Aufgaben wird von diesem Mitarbeiter schneller abgefertigt als die Polizei erlaubt. Die Achillesferse ist allerdings, dass diese Person sich so sehr bemüht, das Tagespensum abzuarbeiten, dass sie schnell etwas übersieht, sagt Flaxington.

Tipps für das Zeitmanagement: Diese Personen arbeiten ergebnisorientiert und berücksichtigen nur selten die Dringlichkeit oder Wichtigkeit einer Aufgabe, gibt Susy Roberts an, leitender Coach und Gründerin der Beratungsgesellschaft für Personalentwicklung Hunter Roberts(2). Sie rät diesem Typ dazu, sich einen Moment Zeit zu nehmen und darüber nachzudenken, welche Aufgabe zuerst erledigt werden sollte, anstatt einfach alles abzuarbeiten, was im Posteingang auftaucht.

Stephen Covey, Autor des Buchs „Die 7 Wege zur Effektivität“(3), stimmt dem zu und schlägt eine Einteilung von Aufgaben in vier Kategorien vor: wichtig/nicht wichtig und dringend/nicht dringend.

2. Die Diva

Ein gern gesehener Gast auf jeder Betriebsfeier, aber angesichts der Zeit, die diese Person mit Plaudern verbringt, ist es erstaunlich, dass sie überhaupt etwas erledigt bekommt. Dieser Typ ist fröhlich, freundlich, kommunikativ und lebensfroh, aber am Ende des Arbeitstages werden nur die wenigsten Aufgaben auf der To-do-Liste angegangen, geschweige denn abgeschlossen. Roberts weist darauf hin, dass dieser Typ dazu tendiert, seine Errungenschaften an die große Glocke zu hängen, wodurch er produktiver wirkt als er eigentlich ist.

Flaxington beobachtet: „Im Handumdrehen ist der Tag rum. Morgens wollte die Person noch 15 Aufgaben erledigen, aber dann hat sie sich angeregt unterhalten und gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergeht.“

Tipps für das Zeitmanagement: Dieser Persönlichkeitstyp profitiert besonders von einer klaren Strategie. Wenn ein großes Projekt ansteht, rät Flaxington dazu, es in kleine Schritte aufzuteilen, die Aufgaben in den Kalender einzutragen und Erinnerungen einzurichten. Ein Hauptkalender erfasst Ihre beruflichen und privaten Termine in gebündelter Form, sodass Sie schneller und einfacher planen können und weniger umplanen müssen.

Das E-Mail-Management ist ebenfalls entscheidend. Laut einer Studie des McKinsey Global Institute(4) aus dem Jahr 2012 verbringt eine Arbeitskraft mehr als ein Viertel des Arbeitstages mit E-Mail-Kommunikation. Die Studie ergab, dass E-Mails neben „rollenbezogenen Aufgaben“ die zeitraubendste Aktivität sind.

Zach Hanlon, Marketing- und Vertriebsexperte, schrieb in Fast Company(5), dass der Schlüssel darin liegt, E-Mails nicht mehr nach Betreff zu sortieren, sondern nach Frist. Anstatt den Posteingang wie eine To-do-Liste zu betrachten, rät er dazu, fünf Ordner basierend auf zeitlicher Dringlichkeit/Wichtigkeit zu erstellen.

Ein Modell eines kleinen Mannes, der auf einem Uhrzeiger läuft

 

3. Das Arbeitstier

Dieser Persönlichkeitstyp kommt mit Ruhe und Beharrlichkeit ans Ziel. Er stellt gründliche Überlegungen an, geht umsichtig und methodisch vor und bearbeitet seine Aufgaben weitestgehend selbstständig, erklärt Roberts. Diese Personen punkten also durch gute Planung und Priorisierung der Aufgaben, werden jedoch möglicherweise als übervorsichtig wahrgenommen, weil Kollegen ihre Schwerfälligkeit als frustrierend empfinden. Ihre Pflichtbewusstsein kann auch dazu führen, dass sie sich weigern, die Arbeitslast mit anderen zu teilen.

Tipps für das Zeitmanagement: „Aufgaben abzugeben und andere damit zu betrauen liegt einfach nicht in ihrem Wesen“, beschreibt Flaxington. „Suchen Sie sich daher die drei oder vier wichtigsten Aufgaben für den Tag heraus. Grenzen Sie ein, welche dieser Aufgaben Sie auf jeden Fall selbst übernehmen müssen, und entscheiden Sie, welche Sie delegieren können.“

Das Delegieren von Aufgaben scheint ein allgemeines Problem zu sein. Eine Studie zum Zeitmanagement(6) aus dem Jahr 2007 hat ergeben, dass beinahe die Hälfte der 332 untersuchten Unternehmen Bedenken hinsichtlich der Delegierungskompetenz ihrer Mitarbeiter hatten. In einem Artikel für Inc(7) gibt Jayson DeMers – Gründer und CEO des Content-Marketing-Unternehmens AudienceBloom – Führungskräften, die Probleme mit dem Delegieren von Aufgaben haben, nützliche Tipps. Neben der Priorisierung rät er beispielsweise dazu, Mitarbeitern nicht die leichtesten Aufgaben zu übertragen, sondern die Aufgaben, für die sie am besten qualifiziert sind.

4. Der Jasager

Dieser Persönlichkeitstyp ist der perfekte Teamplayer und möchte seinen Kollegen um jeden Preis helfen. Geteiltes Leid ist zwar halbes Leid, es besteht jedoch die Gefahr, dass diese Person sich nicht durchsetzen kann und sich am Ende an der Arbeitslast verhebt. Dadurch muss sie zwangsläufig entweder extrem viele Überstunden leisten oder verpasst Liefertermine, erklärt Roberts.

Tipps für das Zeitmanagement: Lernen Sie, Nein zu sagen, empfiehlt die Psychotherapeutin und Lebensberaterin Hilda Burke(8). „Es kann einige Zeit dauern, diese Gewohnheiten abzulegen, aber es ist nicht unmöglich“, betont sie. Wenn Sie dann immer noch Schwierigkeiten haben, sich durchzusetzen und sich überfordert fühlen, sind Pausen extrem wichtig.“

Es mag banal klingen, aber Studien kamen zu dem Schluss, dass regelmäßige Pausen die Produktivität steigern. DeskTime, eine Produktivitätsapp, die die Computeraktivitäten durch Mitarbeiter misst, hat nachgewiesen, dass eine Pause idealerweise 17 Minuten lang sein sollte. Im Jahr 1999 verwendete das Ergonomics Research Laboratory der Cornell University ein Computerprogramm, um Mitarbeiter an kurze Pausen zu erinnern.

Das Projekt hat ergeben(9), dass „Mitarbeiter, die die Erinnerungen erhielten (sich eine Pause zu nehmen) im Durchschnitt 13 Prozent genauer arbeiteten als Kollegen, diese Erinnerungen nicht erhielten“. Diese einfache, aber wirksame Methode hat die Entwicklung vieler Apps angestoßen, von Marinara Timer(10) bis PomoDone(11).

5. Der Perfektionist

Dieser Typ braucht wahrscheinlich am längsten für eine Aufgabe, achtet dabei jedoch, wie der Name schon sagt, besonders auf die Qualität statt auf die Quantität. Da diese Person so großes Augenmerk auf Genauigkeit legt, fühlt sie sich möglicherweise überfordert und bekommt Probleme, wenn zu viel auf dem Tisch liegt, erklärt Flaxington. Wenn Sie versuchen, Druck aufzubauen, reagiert sie mitunter sehr gestresst.

Tipps für das Zeitmanagement: Durcheinander ist der schlimmste Albtraum des Perfektionisten und auf einen chaotischen Posteingang voller ungelesener Nachrichten reagiert er allergisch. Da der E-Mail-Verkehr jährlich um vier Prozent zunimmt(12), sollten Sie lieber früher als später Herr dieses Problems werden. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten, wie Sie die Überlastung durch E-Mails in den Griff bekommen können.

Eine der bekanntesten Methoden heißt „Inbox Zero“. Hierbei soll der Posteingang jederzeit leer oder fast leer sein. Diese Aufgabe an sich ist möglicherweise schon ein Vollzeitjob. Der Erfinder der Methode Merlin Mann(13) gibt dem Anwender hierfür fünf Aktionen an die Hand: löschen, delegieren, antworten, aufschieben oder erledigen. Hierdurch wird der Posteingang zu einer Art To-do-Liste und es müssen harte Entscheidungen getroffen werden, damit die Aufgaben effektiv priorisiert und erledigt werden.


 

Matthew Jenkin ist freier Journalist aus Großbritannien und ehemaliger Redakteur von Guardian Careers, dem Online-Portal rund ums Thema Arbeit der britischen Tageszeitung The Guardian.

Quellen:

(1) https://www.myersbriggs.org/my-mbti-personality-type/mbti-basics/

(2) http://www.hunterroberts.com/

(3) http://www.amazon.com/The-Habits-Highly-Effective-People/dp/1455892823

(4) http://www.mckinsey.com/insights/high_tech_telecoms_internet/the_social_economy

(5) https://www.fastcompany.com/3067012/the-only-five-email-folders-your-inbox-will-ever-need

(6) http://www.i4cp.com/news/2007/06/26/you-want-it-when

(7) https://www.inc.com/jayson-demers/7-strategies-to-delegate-better-and-get-more-done.html

(8) https://www.theguardian.com/careers/2017/feb/28/overwhelmed-at-work-six-tips-on-how-to-beat-stress

(9) http://www.news.cornell.edu/releases/Sept99/computer.breaks.ssl.html

(10) http://www.marinaratimer.com/

(11) https://pomodoneapp.com/

(12) http://www.radicati.com/wp/wp-content/uploads/2017/06/Email-Market-2017-2021-Executive-Summary.pdf

(13) https://www.youtube.com/watch?v=z9UjeTMb3Yk